Qualität
Die grosse Kunst beim Bauprozess besteht darin, qualitative Ansprüche mit den Kosten und dem Zeitplan in Einklang zu bringen. Das "magische Dreieck" zeigt symbolisch auf, dass man zwischen bester Qualität, niedrigsten Kosten und kürzester Realisierungszeit Kompromisse eingehen muss.
Die Verständigungsnorm SIA 112 begegnet diesem Zielkonflikt mit prozessoptimierenden Phasen, Phasenzielen und Modulinhalten. Organisatorische Massnahmen und ein geeignetes Qualitätsmanagement sollen dabei helfen, hochwertige Leistungen auf effiziente Art und Weise zu realisieren. Die Qualität ist im Bauprozess nebst dem Preis und der Zeit, abhängig von den Zielen, der Organisation sowie der Kompetenz und Sorgfalt der Akteure.
Ziele und Erwartungen
Die am Bauvorhaben beteiligten Akteure orientieren sich an den Zielen und Erwartungen der Auftraggeber. Die unmissverständliche Formulierung und Kommunikation sind dementsprechend elementar für eine zielführende Zusammenarbeit.
Qualität durch genaue Bedürfnisformulierung
Es ist zentral, dass die Anforderungen in einem Pflichtenheft für alle klar und eindeutig formuliert sind, sodass alle am Bau Beteiligten dasselbe Verständnis der Projektziele und der gewünschten Qualität haben. Die Trennung von Emotionen und Fakten ist besonders wichtig. Das bedeutet nicht, dass emotionale Faktoren keine Rolle spielen dürfen, sondern dass essenzielle Bedürfnisse gezielt angesprochen werden.
Qualität durch ein klares Zielsystem
Eine Zielhierarchie hilft bei Entscheidungen das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren. Die Ziele sollten nach ihrer Notwendigkeit, d.h. zwingende vor erstrebenswerten und wünschenswerten, priorisiert werden. Anschliessend müssen die Zielbeziehungen eruiert und Unstimmigkeiten behandelt werden. Das frühzeitige Lösen von Zielkonflikten wirkt sich positiv auf die Ressourceneffizienz aus.
Qualität durch realisierbare Ziele
Im Laufe der Projektierung müssen anfangs definierte Ziele in immer kleinere Teilziele heruntergebrochen werden (vom Groben ins Detail). Das geht so weit, bis sich daraus konkrete Massnahmen / Realisierungsschritte ableiten lassen. Ziele sollten immer "SMART" formuliert werden: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realisierbar und Terminiert.
Qualität durch festgehaltene Ziele
Das Festhalten von Erwartungen und Zielen ist für alle Phasen im Bauprozess elementar. Die Ziele sind vor allem in der Vorstudien- und Projektierungsphase relevant für das Projektpflichtenheft (inkl. Nutzungsvereinbarung) und das Qualitätsmanagement.
Organisation und Qualitätsmanagement
Auf organisatorischer Ebene müssen die Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der Akteure bereits bei der Planer- und Unternehmerausschreibung klar definiert werden. Dadurch kann verhindert werden, dass Teilprozesse und deren Kontrolle zwischen den unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen vergessen gehen.
Qualität durch Projektorganisation
Die Projektorganisation beginnt in der Regel mit der Vorstudienphase. In einem Projektpflichtenheft werden die Ziele, Anforderungen und Rahmenbedingungen des Bauherrn erfasst und die Entscheidungskompetenzen künftiger Projektpartner festgelegt (bei Grossprojekten wird Letzteres in einem Projekthandbuch definiert). Im weiteren Projektverlauf werden Entscheidungen, neue Teilziele und die nächsten Vorgehensschritte phasenweise auf geeigneter Stufe nachgeführt und verabschiedet. Das Projektpflichtenheft sorgt dafür, dass alle am selben Strang, in die gleiche Richtung ziehen.
Qualität durch Qualitätsmanagement
Um die Arbeiten und Prozesse steuern zu können haben sich in verschiedensten Bereichen sogenannte Qualitätsmanagementsysteme (QMS) etabliert. Als Steuerungselement hat es den Zweck, dass Ziele und Anforderungen vollumfänglich und effizient erfüllt werden können. Im Prinzip entspricht ein QMS einer Regelung, wer, wann, was, wo und wie prüft, aber auch wann und wie interveniert werden soll. Überprüfen bedeutet in diesem Zusammenhang die Risiken und Chancen abzuwägen und den Umgang damit zu bestimmen.
Bei umfangreicheren Projekten kommt in der Regel das projektbezogene Qualitätsmanagement (PQM) gemäss dem SIA Merkblatt 2007 "Qualität im Bauwesen" zur Anwendung. Es ist ein Führungsinstrument für den Auftraggeber und wird zu Beginn der Projektierungsphase von allen Beteiligten aufgebaut.
Natürlich lassen sich QMS auch angepasst auf kleine Vorhaben einführen. Sie betreffen insbesondere die Realisierungsphase, wo die Steuerung und Kontrolle gemäss Kontroll- und Prüfplänen (Ausmass, Material, Logistik) eine sehr wichtige Rolle spielen. Kontroll- und Prüfpläne werden während der Projektierung ausgearbeitet, bei der Ausschreibung präzisiert und auf Stufe Ausführungsprojekt fertig gestellt. Mit dem Kontrollplan regelt der Bauherr (oder dessen Vertreter), was in welcher Periodizität während der Ausführung zu kontrollieren ist. Im Prüfplan legt der Ausführende (Unternehmer) anschliessend fest, wie die Umsetzung des Kontrollplanes erfolgt. Kontroll- und Prüfplan dienen der Gewährleistung von Qualität und Sicherheit in der Ausführungsphase. Es handelt sich dabei um die letzte Phase, wo die Qualität des Werks beeinflusst werden kann.
Kompetenz und Sorgfalt
Fachkompetenz wird in Planungs- und Ausführungsfragen schnell zum Inbegriff von Qualität. Es sollte aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass selbst eine hohe Fachkompetenz ohne dazugehörende Sorgfalt das Ziel wohl kaum befriedigend erfüllen kann.
Kompetenz
Bei einem Projekt sollte dem Bauherrn bewusst sein, welche Kompetenzen gefragt sind. Er sollte wissen, welche Kompetenzen die Bewerber haben, um die Chancen und Risiken abzuschätzen. Ebenfalls von Bedeutung sind persönliche, soziale und methodische Kompetenzen (Soft Skills). Diese beeinflussen zwar nicht direkt die Qualität des Werks, können aber die Zusammenarbeit erheblich erleichtern oder erschweren.
Sorgfalt
Sorgfalt ist im Haftungsrecht eine Pflicht und kein Wunschdenken. Sie stellt eigenverantwortliches Handeln und Umgang mit Wissen in den Dienst des Vertragspartners und soll auf diese Weise ihren Beitrag zu einem mängelfreien Bauwerk leisten. Zudem dient Sorgfalt dazu, dass der Vertragspartner keinen Schaden nimmt (Absicht / Fahrlässigkeit). Da unprofessionelle Bauherren in technischen Fragen meist weniger sachkundig sind als die Projektpartner, gilt ihre Sorgfalt allem voran der Wahl der Partner.
Der Qualität letzter Schluss?
Bei der Abnahme zeigt sich, inwieweit die Anstrengungen um die Qualität gegriffen haben. Bei wesentlichen Mängeln wird die Abnahme bis zur Behebung zurückgestellt. Wurde das Bauwerk einmal abgenommen, ist eine Mängelrüge innerhalb der gesetzten Rügefrist das letzte Instrument, mit welchem Qualität gemäss den Anforderungen eingefordert werden kann.