Recht
Bei einem Bauprozess kommt es zwischen den beteiligten Akteuren und Funktionsbereichen zu vielen Schnittstellen. Koordinations- und Kommunikationsprobleme an diesen Kontaktpunkten führen schnell zu Unstimmigkeiten und bergen Schadenpotenzial. Um dieses zu reduzieren, wurden "Spielregeln" in Form von Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien und Normen geschaffen.
Im Bauwesen gehören Ausschreibungs-, Baumängel- oder Werklohnstreitigkeiten zu den häufigsten Konflikten. Enden diese vor Gericht, beziehen sich die Rechtsvertreter vor allem auf das Submissions-, Vertrags- und Haftpflichtrecht. Um sich präventiv gegen mögliche Haftpflicht- und andere Schäden zu schützen, werden den beteiligten Akteuren Versicherungsabschlüsse empfohlen.
Submissionsrecht
Private Bauherren sind in der Wahl Ihrer Auftragnehmer frei. Aus Wettbewerbsgründen sind Auftragsvergaben der öffentlichen Hand gesetzlich geregelt. Die Wahl des Verfahrens hängt dabei von der Auftragssumme ab. Im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen wurden minimale Schwellenwerte für Arbeitssektoren und Auftragsarten definiert. Die Kantone können diese Werte in kantonalen Submissionsgesetzen anpassen. Im Sinne der Ratifizierung beziehen sich aber viele Kantone bereits heute auf die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Die Ausschreibungsverfahren unterscheiden sich folgendermassen:
Im offenen Verfahren schreibt der Auftraggeber den Auftrag öffentlich aus, wobei alle Anbieter ein Angebot einreichen können.
Im selektiven Verfahren schreibt der Auftraggeber den Auftrag öffentlich aus, wobei alle Anbieter einen Antrag auf Teilnahme einreichen können. Der Auftraggeber wählt anhand von Eignungskriterien die Anbieter aus, welche in einer zweiten Phase ein Angebot einreichen dürfen. Er kann zudem die Zahl der zur Angebotseinreichung einzuladenden Anbieter beschränken, wenn sonst die Auftragsvergabe nicht effizient abgewickelt werden kann. Dabei muss ein wirksamer Wettbewerb gewährleistet sein.
Im Einladungsverfahren bestimmt der Auftraggeber, welche Anbieter direkt zur Angebotseinreichung eingeladen werden. Der Auftraggeber muss, wenn möglich mindestens drei Angebote einholen.
Im freihändigen Verfahren vergibt der Auftraggeber einen Auftrag ohne Durchführung eines formellen Vergabeverfahrens. Das Einholen von Konkurrenzofferten ist zulässig.
Die Aufteilung von Leistungen in Teilangebote und Lose unter Anwendung des vorher bestimmten Verfahrens ist erlaubt. Gründe sind die Risikoverteilung, Einholen spezialisierter Teilleistungen sowie ein grösseres Wettbewerbsfeld. Eine Aufteilung von Leistungen zur Steuerung des Verfahrensentscheides ist unzulässig.
Vertragsrecht
Rechtlich gelten für Verträge grundsätzlich die Bestimmungen des Obligationenrechts (OR) der Schweiz. Die übergeordnete Rechtsgrundlage lässt der Ausgestaltung von Verträgen jedoch so viel Spielraum, dass branchenübliche Besonderheiten normativ geregelt werden sollten.
Bei Bauvorhaben kommen Verträge normalerweise zwischen der Bauherrschaft und dem Planer, Bauleiter oder dem ausführenden Unternehmen zustande. Der Vertragsgegenstand ist entweder die zu erbringende Leistung oder das zu errichtende Werk. In der Praxis wird zwischen einem Planer-/ Bauleitungsvertrag und einem Werkvertrag unterschieden. Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein stellt für diese Vertragsarten kostenlose Vertragsformulare mit Normenbezug zur Verfügung.
Planer- / Bauleitungsvertrag
Rechtlich kann es sich beim Planer-/ Bauleitungsvertrag um einen Auftrag (Art. 394 OR) oder einen Werkvertrag (Art. 363 OR) handeln. Weil das Obligationenrecht keine bauspezifischen Vorgaben beinhaltet, bestimmt die Praxis, was zum Gegenstand dieses Vertrages gehört. Der Zweck besteht darin, zwischen Planer / Bauleiter und Vertragspartner die Erbringung von baubezogenen Planer- und Bauleitungsleistungen zu vereinbaren.
Was in der Praxis unter Planungs- und Bauleitungsleistungen verstanden wird, ist in den Leistungsbeschrieben der SIA-Ordnungen für Leistungen und Honorare (LHO) abgebildet. Für Ingenieurinnen und Ingenieure in den Bereichen Wald und Naturgefahren ist es die LHO 104. Die Ordnungen gelten nicht von Gesetzes wegen, können aber als Vertragsbestandteil global oder teilweise übernommen und dadurch rechtsverbindlich gemacht werden. Zu beachten gilt unter anderem, dass bei einer globalen Übernahme (d.h. Übernahme ohne Kenntnis des Inhalts) unter Umständen die Schutzbestimmungen zu Gunsten der unkundigen Partei greifen. Daneben sind individuelle Abreden den Ordnungen als rechtlich übergeordnet zu erachten.
Werkvertrag
Der Werkvertrag ist ein zweiseitiger Vertrag, mit dem sich der Unternehmer zur Herstellung eines bestimmten Werkes gegen eine vom Bauherrn zu erbringende Vergütung verpflichtet. Für die Bauleitung ist er die Leitlinie zur Vertretung der Interessen des Bauherren. Im Obligationenrecht (Art. 363) ist der Werkvertrag nur spärlich geregelt. Für bauspezifische Fragen wurde deshalb die SIA 118, Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten, geschaffen. Mit dieser Norm können branchenspezifische Vertragsinhalte wie Leistungsbeschriebe und Vergütungen umfassender geregelt werden.
Ein zentraler Inhalt des Werkvertrages ist das Leistungsverzeichnis. Mit diesem werden die zu erbringenden Leistungen konkretisiert, bei Einheitspreisverträgen ist das essenziell für die Ausschreibung. Weil sich branchenübliche Leistungen von Werk zu Werk nicht grundlegend unterscheiden, wurde mit dem Normpostionen-Katalog (NPK) ein standardisiertes Leistungsverzeichnis geschaffen. In diesem zentralen Instrument der Baubranche (Haupt- und Nebengewerbe) sind sämtliche baubranchenüblichen Leistungen aufgelistet. Unter Verwendung von Normpositionen lassen sich die erforderlichen Leistungen zur erforderlichen Qualität zusammenstellen und die baulichen Rahmenbedingungen definieren. Natürlich können im Leistungsverzeichnis trotzdem noch objektspezifische Bestimmungen geltend gemacht werden (NPK 102; Zusätzliche Bestimmungen des Bauherren).
Zusammenfassend ist ein Werkvertrag das unterzeichnete Vertragsdokument, welches sich auf das Leistungsverzeichnis, die Offerte und allfällig zusätzlich vereinbarte, objektspezifische Bestimmungen stützt.
Versicherungen
Mit Bauversicherungen können sich die betroffenen Akteure während des Bauprojekts gegen Risiken absichern, welche sich entweder aufgrund der rechtlichen Haftung oder höherer Gewalt und Vandalismus ergeben. Zu den gebräuchlichsten Versicherungsarten im Bauwesen gehören die Bauherren- und Unternehmer-Haftpflichtversicherung sowie die Bauwesenversicherung. Der Abschluss dieser Versicherungen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, die vorhandenen Risiken im Bauwesen sprechen aber klar dafür. In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Aspekte zu den drei Bauversicherungsarten ersichtlich.